Französische Städte hauen mich um. Sie sind genussvoll, träumerisch und romantisch. Ich meine, Paris, Marseille, Nizza, nur schon die Namen sind lobenswert. Doch an Lyon, lasst mich kurz innehalten! An Lyon habe ich mein Herz verloren.
Ich sitze am Ufer der Rhône und betrachte Lyon aus der Froschperspektive. Wie ein Frosch, der sich gerade ausruht, den Kopf in Richtung Sonne reckt und die Augen von einer Seite zur nächsten schweifen lässt. So schleimig wie er ist, bin ich zwar nicht „zwinker“, aber ich fühle mich, als könnte ich von einer Steinplatte zur nächsten hüpfen und ins kalte Nass springen. Lyon sieht unglaublich schön aus. Die Stadt ist umgeben von Magie, Liebe, Gelassenheit und Freude. Egal ob ich meinen Blick in die Rhône, zur Brücke Passarelle du Palais de Justice, zur Basilique Notre Dame de Fourvière oder den vorbeilaufenden Franzosen richte, ich fühle mich wohl.
Aber zuerst von Anfang an. Ich erkläre euch, wie ich überhaupt nach Lyon kam, bevor ich euch etwas mehr über meinen kurzen Aufenthalt erzähle. Lyon stand nie auf meiner Reiseliste. Ich bin nur auf die Stadt gestossen, weil es das erste Reiseziel war, während meiner Route durch Europa mit dem Zug. Darauf werde ich später genauer eingehen.
Ich stieg also in Zürich ein mit meinem schwer beladenen Koffer, auf dem ein Hund mit Sonnenbrille im Schwimmreifen abgebildet ist. In Genf bin ich umgestiegen und rannte durch die Passkontrolle – was für mich total neu war, so eine Zollkontrolle am Bahnhof – aber nun gut, ich hatte mein Ticket in der Hand, musste es schnell scannen und weiterrennen.
Ich hob meinen schweren Koffer in einen alten Zug, der mich an den wilden Westen erinnerte. In einem leeren Abteil sass ich ans Fenster und stellte meinen Koffer vor mich hin und lagerte meine Beine hoch. Mein Puls schlug schnell. Gerade rechtzeitig erwischte ich meinen Anschlusszug. Ich achte auf die Uhr. Zwei Stunden geht die Fahrt. Der Kondukteur, im älteren Alter, trug eine stylische Schiebermütze mit goldenen Knöpfen. Er öffnete die Tür meines Zugabteils und fragt nach dem Ticket, ohne hineinzukommen. Als er bemerkte, dass ich nur Englisch sprach und bloss gebrochen Französisch verstand, sagte er nur, “ Excusez-moi madame, je ne parle pas anglais.“, und schliesst die Schiebetüre wieder lächelnd. Ich lächelte auch.
Was mache ich jetzt bloss, fragte ich mich. Es gab keine Passagiere in meinem Abteil, kein W-Lan. Bloss mich und mein Buch. Und zwei Stunden Zeit die Landschaft zu geniessen. Und was für eine Landschaft. Es war meine schönste Zugreise, die ich je hatte. Die massiven Berge der Region Auvergne-Rhône-Alpes und die Bäume mit ihren rot verfärbten Blättern, eine unberührte Natur, die mich flasht. Es ist kein Gefühl von dem geflasht sein, als hätte man gerade einen Joint geraucht. Nein, ein geflasht sein, das sich anfühlt wie wachsam sein, ins Staunen geraten und emotional berührt sein. Immer wieder legte ich mein Buch „Warum ich an Happy Ends glaube“ auf die Seite und klebte meine Nase an das Fenster wie ein Kind, der die Welt durch forschende Augen entdeckt.
Und nun sitze ich da, an meinem letzten Tag in Lyon, an der Rhône und möchte euch meine schönsten Eindrücke dieser Stadt vermitteln.
Opéra National de Lyon
Unter dem Dach des Opernhauses in Lyon versammeln sich Kulturbegeisterte, um im Theater die talentierten Schauspieler und Sänger zu bewundern. Doch nicht nur im Innenraum wird Kultur grossgeschrieben. Auf dem Platz des Opernhauses und vor dem Rathaus geht es dynamisch zu her. Ich bin beeindruckt von den Jugendlichen, die am Breaken sind, von Skatern, die die Architektur für Sprünge und kleine Halfpipes nutzen. Viel Lebensfreude und Energie erfüllt den Opernhausplatz. Einfach genial!
Rue de la République
Für die Einkaufsstrasse hätte ich echt gerne ein Fahrrad, denn die ist so lang und ein echtes Shoppingparadies, was meine Füsse müde macht. Doch in der Fussgängerzone sieht man eben zu Fuss am meisten und es wäre echt schade, wenn man an Luxusläden, stylischen französischen Modeboutiquen und den feinen lokalen Pâtisserien nur mal schnell vorbeiradeln würde.
Musée des Beaux-Arts
Per Zufall schlendere ich am Museum des Beaux-Arts vorbei, nachdem ich mich an der Mode in den Schaufenstern sattgesehen habe. Ich gehe die Treppe hinauf. Im Eingang überrascht mich ein reges Geläufe. Ein Seidenfestival lässt die Gemüter der Besucher in Aufregung bringen. Zuerst denke ich, was ist an Seide so besonders. Als ich den Saal betrete und mir die Tücher genauer betrachte, beginne ich zu verstehen, warum die Menschen wie bei einem Ausverkauf sich auf sie stürzen. Ein echter Traum von regenbogenfarbenen, handbemalten Halstüchern bis zu 100 Prozent Seide. Lyon bezeichnet man auch als die Stadt der Seide. Besonders zwischen dem 16. und 19. Jahrhundert war die Stadt für ihre Seidenproduktion weltberühmt.
Gratinrestaurant in der Seitenstrasse
Leckeres gibt es an jeder Ecke in Lyon. Doch die richtig guten Cafès und Restaurants mit französischen Spezialitäten findet man erst, wenn man in die Seitenstrassen abbiegt. Das Cafè 203 hat mir ein Franzose empfohlen und liegt in unmittelbarer Nähe vom Opernhaus. Die Servicefachleute sind hilfsbereit und freundlich. Ich schlage meinen Bauch mit dem besten Gratin voll, dass ich je gegessen habe. Mmh! Tipp: Es ist ein kleines Restaurant, zu zwei findet man vermutlich gut einen Platz aber wenn du in einer Gruppe reist, dann reservier lieber vorher einen Platz.
Place Bellecour
Er gehört zu den grössten Plätzen Frankreichs. Der Platz ist aktuell erstaunlich leer. Er wird sonst gerne für Veranstaltungen jeglicher Art genutzt. Unterhalb der Reiterstatue von Louis XIV gönne ich mir ein Brioche, beobachte wie Paare Selfies schiessen und Kinder auf dem roten Boden herumkrabbeln. Wer die Basilique Notre Dame de Fourvière fotografieren möchte, hat von hier aus die beste Sicht.
Basilique Notre Dame de Fourvière
Ich stehe auf dem malerischsten Punkt von Lyon, dem Hügel Fourvière. Mit der Zahnradbahn von der Haltestelle Vieux Lyon – die Altstadt ist übrigens auch sehenswert – gelangt man nach oben. Hier thront die prächtige Basilique Notre Dame de Fourvière. Auf der rechten wie auch auf der linken Seite der Basilika, wo es einen Parkplatz gibt, hat man eine fantastische Aussicht auf Lyon. Aus der Vogelperspektive betrachte ich, wie die Flüsse Rhône und Saône sich durch Lyon schlängeln und die verschiedenen Stadtteile durch Brücken verbunden sind. Eine zauberhafte Stadt mit architektonischen Highlights.
Bevor ich mich auf den Rückweg mache, möchte ich die Gegend erkunden. Ich spaziere beim Parkplatz die Strasse hinunter, bis ein Weg nach links abbiegt und meine Neugierde weckt. Chemin du Viaduc heisst der geheimnisvolle Weg. Nur wenige Meter weiter vorne erblicke ich eine Brücke. Ich begebe mich auf sie, drehe mich im halben Kreis. Wow wie unerwartet! Die schönste Perspektive auf die Basilika.
Reiseinformationen
Mit dem Zug fuhr ich von Zürich nach Lyon über Paris, Brüssel, Frankfurt und wieder zurück in die Schweiz. Über Interrail habe ich ein Global Pass für 7 Tage innerhalb 1 Monats bestellt. Wichtig zu wissen, die Anschlussverbindungen können sehr knapp sein und je nach Strecke voll. Darum solltet ihr darauf achten, dass einige Züge Sitzplatzreservierungen benötigen. Am einfachsten am Informationsschalter am Bahnhof nachfragen. Plant also genügend Zeit ein, um grossen Stress zu vermeiden und wählt eher eine kurze Strecke, denn lieber mehr Zeit für eine Stadt zu haben als von einer zur nächsten hasten.
Übernachtung in Lyon im Awayhostel. Freundliches Personal und ein zentraler Standort. Mein Geschmack von Übernachtung ist es aber nicht. Aus dem einfachen Grund, weil ich kein Auge zugetan habe. Es war mir wegen meiner schnarchigen Zimmernachbarn und der befahrenen Strasse zu laut. Wer aber aufs Budget achten möchte und trotz Uhruhe gut schlafen kann, für den kann ich das Awayhostel getrost empfehlen. Die Betten waren nämlich sehr bequem.
3 Antworten zu “Warum Lyon so magnifique ist”
Super packende Bericht ! 😘😍
Vielen Dank, freut mich. 😊
Ganz toller Bericht mit schönen Fotos.