Die grösste griechische Insel ist ein Schmuckstück im Mittelmeer. Sie ist reich an Olivenplantagen, imposanten Bergen, heimeligen Dörfern und Stränden mit türkisblauem Wasser wie aus dem Bilderbuch. Wer vielfältige Natur und köstliches Essen erleben möchte, der sollte nach Kreta reisen.
Die Restaurants auf den Felsen spiegeln sich im See, als hätte man sie auf ihn gemalt. Das erste Mal bin ich auf Kreta und mein Ausflug nach Agios Nikolaos wird bestimmt nicht der letzte sein. So speziell, malerisch, gemütlich, ein Ort, an dem ich tagelang verweilen könnte. Meine Füsse tragen mich sanft von einem Pflasterstein zum nächsten, ein Huhn kreuzt meinen Weg und erhält meine volle Aufmerksamkeit. Lächelnd gehe ich rund um den See bis zu einer Treppe, die mich auf die Felsen bringt und in ein Restaurant führt, wie aus einem Film mit einem kitschig traumhaften Weitblick bis zum Meer. Die Temperaturen tagsüber steigen, sodass ich mein gelbes Sweatshirt ausziehen kann. Die Sonne kitzelt meine Haut. Im Restaurant gönne ich mir eine kurze Pause und bestelle eine heisse Schokolade. Auf Kreta gibt es süsse kräftig schokoladige Heissgetränke und das überall, auch an Cafés von Tankstellen sind sie genüsslich.




Agios Nikolaos ist eine kleine Hafenstadt, die schon zu Anfangszeiten einen guten Ruf hatte. Im Jahre 1960 blühte der Ort zum Touristenmagnet auf. Eines der teuersten Luxushotels wurde zu dieser Zeit gebaut, das Minos Beach. Von da an folgten weitere Hotels an der sinnlichen Mirabello Bucht.
Bevor ich schon bald zurück zum Reisecar muss, schlendere ich auf den Hügeln richtig Stadtzentrum, kaufe eine Olivenseife ein, mache ein Foto der venezianischen Kirche Agia Triada und kaufe in einem kleinen Laden bei einer alten Dame einen purpurroten Apfel ein. Ich beisse sofort rein, schlürfe am Saft, meine Augen werden grösser und ich seufze vor Freude. Die Verkäuferin lächelt mich an, ich lächle zurück, sanft blinzelnd. Minuten später begegne ich dem Guide Mikael, der mir meine Freude ansieht und mich bis zum Reisecar begleitet.



Die Weiterfahrt dauert nur etwa 15 Minuten, bis wir in Elounda ankommen. Die bunten Fischerboote und der Strand mit dem ruhigen, kristallklaren Wasser fallen mir als erstes auf. Es ist Mittagszeit und mein Magen knurrt. Viel Auswahl an Restaurants habe ich nicht mehr, da es bereits Ende Saison ist und einige Restaurants geschlossen haben.
Ich kehre in einem englischsprachigen, pubartigen Lokal ein. Zum Glück haben sie Mezze auf der Karte, da ich unbedingt etwas Griechisches essen möchte. In wenigen Minuten bekomme ich auch schon eine ordentliche Portion auf den Tisch gestellt: Hummus, Tzatziki (Griechischer Joghurt mit Gurke und viel Knoblauch), Feta, Oliven. Zu meiner Verwunderung schmeckt es so was von gut, als wäre ich in einem typisch griechischen Restaurant. Ich streiche mir zufrieden über den Bauch. Bezahle, bedanke mich bei den freundlichen Inhabern, wandere durch die Einkaufsstrasse an einer Kirche mit der wiedererkennbaren roten Kuppel vorbei bis zum Elounda Beach. Unter einem der vielen kleinen Bäume, die wunderbar Schatten spenden, lege ich meinen Rucksack ab. Hier stehe ich nun bis zu den Oberschenkeln im kalten, schön glitzerndem Wasser und lasse meinen Blick über die ganze Ortschaft und die Berge im Hintergrund streifen. Eine kleine Windmühle am Strand gibt dem Ort seinen einzigartigen Charme.




Ich bin gespannt, denn in einer halben Stunde geht die Reise mit einem Ausflugsboot weiter zur bekannten Insel Spinalonga. Einzelne Haarsträhnen winden mir ins Gesicht, während wir gemütlich auf dem Boot übers Ägäische Meer tuckern. 20 Minuten später kommen wir der Festung immer näher. Wir fahren rund um sie herum, bevor wir anlegen und bekommen einen ersten Eindruck, wie gewaltig diese Insel ist: So paradiesisch, die Buchten laden zum Eintauchen ein.
Gleichzeitig wirkt Spinalonga tragisch und düster, wenn ich mir die restlichen Steine und einzelnen Ruinen betrachte. Ich gebrauche meine Fantasie, um mich in die damalige Zeit zwischen 1903 und 1954 hineinzuversetzen: Durch eine unterirdische Röhre wurden Leprakranke auf die Insel verbannt, um die Gesunden zu schützen. Ihnen wurde Hab und Gut und ihre Identität genommen. Sie wurden abgeschottet vom Festland, ihrem Schicksal überlassen. Es gab nur ein Arzt für Hunderte von Leuten. Eine Leprakolonie musste sich hier ein neues Leben aufbauen. Diese Vorstellung erscheint mir unwirklich, da es heutzutage ja immer noch Lepra und andere Infektionskrankheiten gibt.





Um alles noch stärker auf mich wirken zu lassen, steige ich schlängelnd bis ganz nach oben. Mein Puls beschleunigt sich, ein paar Schweissperlen von der brennendenden Sonne legen sich auf meine Stirn. Gänsehaut breitet sich am ganzen Körper aus, einerseits von der leichten Brise und der Schönheit um mich herum, andererseits fühle ich Mitleid mit den Leprakranken von damals. Ich kann es zwar nicht beurteilen, doch ich hoffe, dass trotz der dunklen Zeit ohne Hoffnung auf Rückkehr zum Festland diese Menschen die Magie dieser Insel und von Kreta spürten, wie ich es tue.
Reiseinformationen und Tipps
Dieser Tagesausflug habe ich über Getyourguide gebucht. Mein Hotel lag in Civitel Creta Beach in Ammoudara. Früh morgens holten mich die Reiseleiter vor dem Hotel ab. Anschliessend holte man in etwa 1 Stunde lang weitere Gäste ab. Die Fahrt nach Agios Nikolaos dauerte auch etwa 1 Stunde. Dort hat man 1,5 Stunden Zeit, die Ortschaft zu erkunden. Für einen ersten Einblick der Stadt und eine kurze Pause reicht es allemal.
Weiter geht die etwa 15-minütige Fahrt zum Fischerdorf Elounda, wo man eine Mittags- und Badepause einlegen kann, ebenfalls 1,5 h lang.
Das letzte Ziel ist die historische Insel Spinalonga, auf der man mit dem Boot hingebracht wird und erneut 1,5 Stunden Zeit hat. Bei der Rückreise hält das Boot einige Minuten, damit man ins Meer springen kann.
Der Guide Mikael sprach neben Griechisch beeindruckend drei Sprachen: Englisch, Französisch, Deutsch. Er kennt sich sehr gut auf Kreta aus und war jederzeit offen für Fragen und Gespräche. Die Rückreise zu den Hotels ist dann ruhig und man kann entspannt die Einblicke des Tages Revue passieren lassen. Die Reise kostet 41.50 Franken. Das Essen und der Eintritt auf die Insel Spinalonga (8 Euro) kostet extra. Es wird empfohlen, die Getränke in Elounda zu kaufen, da sie auf der Insel bedeutend teurer sind.
Wer sich noch stärker in die Geschichte von Spinalonga einfühlen möchte, empfehle ich die Fernsehserie To nisi“ („Die Insel“) aus dem Jahre 2010 oder den Roman „Die Insel der Vergessenen“ von Victoria Hislop.
Meine kulinarischen Highlights: Iss unbedingt Dákos (aufgeweichtes Brot mit Myzithra, Tomaten, Olivenöl), Fáva (Erbsenpüree, dazu Olivenöl, Zitronensaft und Zwiebeln. Gebratene Auberginen musst du auch probieren, es gibt sie als Moussaka mit Rindshack gefüllt oder als vegetarische Variante mit Käse überbacken.